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19.07.2019, 12:29 Uhr | Sany2018
Was ist nur los mit mir? Diese Frage stelle ich mir im Moment beinahe täglich, insgeheim weiß ich die Antwort darauf, aber noch mag ich sie nicht annehmen, mich mit ihr nicht identifizieren und so bleibt sie für mich und auch offiziell erstmal unbeantwortet, vielleicht ist es besser so, vielleicht mache ich es mir so aber auch unnötig schwer, ich weiß es nicht, aber anders würde ich es derzeit nicht aushalten.

Jeden Morgen, wenn ich aufstehe, sind meine ersten Gedanken:
Wie wird der Tag werden?
Wie groß wird der Druck heute sein?
Halte ich ihn aus?
Was, wenn nicht?
Und dann begehe ich diesen Tag, ich möchte nicht, dass man merkt oder mir ansieht, wie schlecht es mir zum Teil geht und so geht es ans Schminken, ans Haare glätten, ans Klamotten raussuchen, ans Lächeln und ans funktionieren. Jeder Tag fühlt sich gleich an.

Jeden Abend, wenn ich ins Bett gehe, sind meine Gedanken:
Ich lebe, wieder ein Tag geschafft.
Wie wird die Nacht werden, werde ich schlafen können?
Was, wenn es morgen wieder so wird, wie heute?
Wie lange halte ich das noch aus?
Und dann lege ich mich schlafen, in der Hoffnung, dass ich schlafen kann und mich dieses Gedankenkarussell wenigstens für die Nacht loslässt. Ich beginne oft präventiv zu sein, aus Angst, dass dem nicht so sein könnte, denn nachts wachliegen und diesen Druck zu spüren ist schrecklich, und so mache ich mich ans Kopfrechnen, ans Alphabet aufsagen, vorwärts und rückwärts, ans Dinge aufzählen, die ich höre, sehe, schmecke, rieche und das so lange, bis ich mich dem Schicksal hingebe und eine weitere schlaflose Nacht hinnehme oder ich eingeschlafen bin.

Mit jedem Tag und jeder Nacht rückt auch das FSJ näher, auch hier kreisen derzeit viele Gedanken in meinem Kopf:
Wird meine Kraft ausreichen?
Kann ich den Menschen dort gerecht werden?
Werde ich mich gut zurechtfinden?
Werde ich das Jahr dort aushalten?
Und vor allem, werde ich weiterhin die Hilfe der Beratungsstelle in Anspruch nehmen können?
Es ist mittlerweile fast an beiden Händen abzuzählen und dann beginnt es, das FSJ, so lange habe ich mich darauf gefreut, jetzt, jetzt freue ich mich nicht mehr, ich habe Angst, ich zweifle so sehr an mir und daran es jeden Tag dorthin zu schaffen, jeden Tag, so viele Stunden, präsent zu sein und wieder den Umschwung zu schaffen, von mittlerweile wochenlangem Nichtstun, auf eine Arbeitsstelle in der ich Vollzeit eingeplant bin. Und dann ist da noch das Problem mit der Psychotherapeutin, was mache ich, wenn mir, in diesem Zustand, meine größte und einzige Stütze wegfällt?!

Ich habe das Gefühl, dass mein Leben aus dem Ruder läuft, dass ich mich immer mehr von dem gesellschaftlichen Bild einer 19 jährigen entferne und beginne mich selbst als schwierig anzusehen. Ich meine, wer mag schon im Zusammenhang mit seinem Namen von psychischen Erkrankungen hören, ich denke, dass die Frage mit “niemand“ zu beantworten ist. Das geht nicht, eigentlich sollte ich mitten im Leben stehen und mich darauf freuen, ich sollte studieren, meine Zukunft planen und angehen, ausziehen, selbstständig werden, stolz darauf sein und mich nicht durch jeden Tag quälen, um Psychotherapieplätze bangen, mich mit Medikamenten auseinandersetzen, die mich angeblich auf funktionsfähiger Basis halten sollen und mir Fragen stellen lassen, die man nicht gestellt bekommen möchte. Es ist so, so schwer zu akzeptieren, was da gerade passiert und nebenher läuft das Leben einfach weiter und nirgendwo kommt man an, weil man nirgendwo die Chance dazu hat, man “lebt“ wie in Parallelwelten, die von der Existenz der anderen nichts wissen und sich somit als autoritäre und einzige Welt in der Vordergrund spielen und die volle Aufmerksamkeit von einem verlangen, die man aber nicht geben kann, weil es da eben noch die andere gibt.
21.07.2019, 10:35 Uhr | LuPa23
Mehr musst du auch absolut nicht sagen und es ist verständlich, dass du Wert auf deine Anonymität legst.
Mehr, als dass du mit Kindern arbeiten wirst, wollte ich auch gar nicht in Erfahrung bringen, denn:
Ich wollte lediglich sagen, wenn du mit Kindern arbeitest wirst du sehr mit Liebe und Wärme erfüllt, fühlst dich gebraucht, sie geben dir ein gutes Gefühl.
Klingt vllt komisch, aber ich selbst fühle mich bei den Kindern unglaublich gut aufgehoben, versorgt. Es ist erstaunlich, was Kinder einem geben können.
Versuch dich darauf einzulassen und das Gefühl in dich aufzunehmen, wenn es so weit ist.
21.07.2019, 10:07 Uhr | Sany2018
Vorweg ein Dankeschön an euch, für eure Antworten, ich habe sie alle gelesen und schätze eure Zeit, die ihr darin investiert habt!

Das FSJ macht mir Sorgen und auch Angst, allerdings ist es nicht das primäre Problem, sage ich mal, es ist eher eine Begleiterscheinung oder vielleicht sogar der berühmte Tropfen, der das Fass zum überlaufen bringen könnte. Ich werde mein bestes geben, arbeiten werde ich in einer Einrichtung, die mit Kindern zutun hat, mehr mag ich nicht sagen, weil es derartige Einrichtungen nicht in jeder Stadt gibt und meine Anonymität so eventuell nicht mehr gewährleistet wäre, entschuldige, falls es unverständlich ist, dass ich da so vorsichtig und penibel bin, aber ich mag hier schreiben können, ohne mir um derartige Dinge Sorgen machen zu müssen, zudem ich mitunter schon viel preisgegeben habe und tief habe in mich blicken lassen, da ist mir mein Schutz schon immens wichtig.

Ich werde jetzt die Rückkehr meiner Psychotherapeutin abwarten, um in Erfahrung zu bringen, ob sie mich so spät nachmittags noch nehmen kann und im allgemeinen, wie es für mich weitergeht in der Beratungsstelle. Ich mag mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, dass sie länger bleiben muss oder die Mitarbeiter alle ihre Schichten schieben oder tauschen müssen, nur damit ich kommen kann, das würde ich nicht wollen. Ich weiß, dass es ihr Beruf ist und es mitunter auch normal und nichts verwerfliches ist, dass Klienten Termine benötigen, es ihnen aber nicht möglich ist in der Regelzeit zu kommen, dessen bin ich mir bewusst, aber mich plagt allein bei dem Gedanken daran das schlechte Gewissen und ich bin mir nicht sicher, ob ich mich bei Terminen, außer der Reihe, wohlfühlen würde, weil ich weiß, was daran hängt. Zu Beginn allerdings werde ich meiner Chefin gegenüber nichts sagen, mich einleben, ihnen die Chance geben mich kennenzulernen und zu beweisen, dass ich zuverlässig und verantwortungsbewusst bin und dann eventuell mal nachfragen, was man da machen könnte, insofern die Beratungsstelle hinter mir steht und mitspielt. Es ist keine schöne Situation für mich, weil mir die Sicherheit fehlt was Hilfe angeht und die ist für mich im Moment eigentlich unverzichtbar und diese Tatsache macht mir tatsächlich sehr zu schaffen.

Mit den Medikamenten zum Funktionieren waren Antidepressiva gemeint, die man in Betracht einer möglichen Depression allmählich dort thematisiert, feststehen tut das aber noch nicht und auch da bin ich irgendwo unwissend, weil mir die ganze Zeit nur von depressiver Symptomatik erzählt wird und Fragebögen gegeben werden, aber mehr auch nicht. Bin ich depressiv? Wenn ja, wie stark? Wenn ja, wie soll ich damit umgehen? und vor allem wie soll ich, im Falle eines Entzugs von Hilfe, alleine damit klarkommen? Alle hier wissen, wie schwierig es ist einen Therapieplatz zu finden und dann auch noch mit diesen Arbeitszeiten und in diesem Dorf, in dem ich wohne. Vielleicht ist das wieder ein Reinsteigern, aber diese Ungewissheit, die im Moment so eng mit meinem Helfersystem verbunden ist, macht mir schon sehr zu schaffen.
20.07.2019, 13:27 Uhr | bke-Gregor
Hallo Sany,

es gilt der gute alte Satz: Die Kraft wächst mit den Aufgaben!

Natürlich wirst Du in Deinem FSJ manches erst mal nicht können, vieles wird neu sein und die meisten wirst Du nicht kennen.

Aber das gibt sich, Du wirst viel neues lernen, neue Seiten an Dir entdecken und Fremde werden für Dich zu Freunden werden.

Es ist normal, dass es einem vor so viel Neuem bange ist, aber zur anderen Hälfte kannst Du unbekümmert optmistisch sein!

Liebe Grüße

bke-Gregor *bye*
20.07.2019, 09:38 Uhr | LuPa23
Heyhey,

nur mal eben zum Fsj:
Ich habe im Sommer 2018 auch ein FSJ angefangen, mit den gleichen Fragen wie du. Schaff ich das? Hab ich genug Kraft? Was wenn nicht? Was, wenn nicht gut genug bin wegen alldem? Wenn ich im Grunde nur eine zusätzliche Last statt Kraft bin?
Tja, schlag dir die Gedanken aus dem Kopf.
Meine Angst vor dem FSJ war groß, ich hatte vor Beginn ständig Panikattacken.
Dann kam der erste Arbeitstag, den hab ich geschafft. Dann kam der zweite, den ich geschafft habe usw.
Irgendwann kennt man dann auch die Kollegen besser.
Zwei Monate später konnte ich mich meiner Anleiterin und meiner Chefin auch grob anvertrauen, was Sache ist.
Sie meinten, dass sie es mir schon lange angemerkt haben, dass irgendwas nicht stimmt, aber sie eben aus Anstand und Höflichkeit nicht fragten. Aber dass sie damit, jetzt wo sie über das Wissen verfügen, einfach auch besser umgehen können.
Klar dachte ich dann trotzdem ich wäre ne zusätzliche Last und wer will schon jemanden als Arbeitskraft, die ihr leben scheinbar nicht ganz im Griff hat. Aber streich auch das...das spielt sich in deinem Kopf ab, nicht in ihrem.
Mein FSJ ist jetzt bald zu Ende, noch 15 Tage. Natürlich gab es vereinzelt Tage, da ging es mir sehr schlecht oder hatte auch mal eine Panikattacke. Aber dann haben sie mich heim gefahren oder mal kurz ins Büro zum ausruhen gelassen (ohne dass es von der Pause abging), das war kein Problem. Du hast da auch im Normalfall einfach genug zutun, um abgelenkt zu sein.
In den letzten zwei Wochen hatte ich wieder sehr schwer zu kämpfen mit mir, aber momentan haben wir unendlich viel zutun und wenn ich mich darauf konzentriere, vergehen die Stunden sehr schnell und die Psyche kommt nicht so nah an dich ran.
Gib nicht gleich die Hoffnung auf, wenn es nicht direkt am Anfang perfekt klappt mit der Ablenkung durch Arbeit. Aber lass dich drauf ein.
Wie gesagt, es ist zu schaffen. Mach dir da nicht zu viele Gedanken, das macht es nur schlimmer und nicht einfacher.
Versuch dich lieber zu freuen, dass du bald etwas hast was dich ablenken kann, worauf du dich konzentrieren kannst, wo du Erfolge sehen kannst. Und lass diese Unsicherheit nicht so an dich ran, auch wenn es nachvollziehbar ist, ich kenn es ja selbst.

Darf ich fragen, wo du dein FSJ machst? Also in welchem Bereich?

Lupa
19.07.2019, 22:48 Uhr | TheDreamcatcher
Hey Sany,

ich glaube wenn du dich unter deinen ehemaligen Mitschülern umschaust, bist du nicht die Einzige, der es nicht gut geht. Zumindest war das meine Erfahrung, dass ich da nicht die einzige war. Manchen merkt man es mehr an, manchen weniger und anderen vielleicht auch gar nicht. Und in meinem Jahrgang gab es auch ganz viele, die nach dem Abi erst mal nichts gemacht haben, die nicht sofort mitten im Leben standen, sogar jetzt vielleicht immer noch nicht. :)
Und du musst nicht funktionieren. Es ist total in Ordnung, schwach zu sein und klar ist es nicht schön, psychisch krank zu sein, aber es ist wirklich nichts, wofür du dich schämen musst, sondern ein Signal deiner Seele, dass du viel Verletzung erlebt hast und es jetzt an der Zeit ist, mal für dich zu sorgen und genauer hinzuschauen, was eigentlich los ist.

In einem Fsj ist man ja vom gesetzlichen Rahmen her auch nur als Zusatzkraft eingeplant. Theoretisch sollte der Betrieb auch laufen, wenn du ausfällst. Dass das in der Realität oft nicht so ist, ist natürlich eine andere Sache... aber trotzdem gut, sich das ab und zu vor Augen zu halten. Mein Seminarleiter meinte immer, dass in einem Freiwilligendienst alles freiwillig ist. :) Und könnte ich meinem früheren Ich eine Sache sagen, dann dass es in Ordnung ist, in einem Fsj auch dem Arbeitgeber zu sagen, wenn es zu viel wird.
Weißt du, du bist noch so jung und hast dein ganzes Leben noch vor dir. Ich glaube ich bin ähnlich ambitioniert wie du, aber es ist total wichtig zu lernen, dass nicht immer nur der gerade Weg zum Ziel führt und dass es auch ok ist, mal was nicht zu schaffen. Und dass das rein gar nichts an deinem Wert ändert!
Wäre es denn wirklich so schlimm, wenn andere dir anmerken, dass es dir im Moment nicht gut geht?
Und ich würde dir davon abraten, Medikamente zu nehmen, um weiter zu funktionieren... *woot*
Alles Gute dir! Und pass auf dich auf :)

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