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10.07.2019, 18:26 Uhr | dreamingAlex
Vorab: ich weiß, dass ich sehr privilegiert lebe. Ich kann so ziemlich alles machen, hab annährend unbegrenzte Möglichkeiten; und ich biete noch nicht mal viel Angriffsfläche für Vorurteile.
Aber in den letzten paar Tagen habe ich immer mehr gemerkt, in was für einer behüteten, aber auch abgeschirmten Welt ich aufgewachsen bin.
Gerade bekomme ich wirklich leid mit; Menschen, denen es echt schlecht geht! Und merke, wie gut es mir eben geht.
Aber ich bekomme auch eben mal ordentlich Vorurteile ab. Klar, manches hab ich schon vorher zu hören bekommen, aber in den letzten Tagen häuft es sich.
Vorurteile sind menschlich und ich wette, auch ich bin voll von ihnen. Wir alle haben lautet Vorurteile. Wie sollte man auch sonst Situationenen einschätzen können? Und ich werde auch nicht diskriminiert oder sonst was. Es nervt einfach und, was vielleicht noch schlimmer ist, ich zweifle deswegen so sehr an mir!

Ich bin weiblich und habe gerade Abi gemacht. Im Oktober will ich anfangen, Medizin Physik zu studieren.
Gerade mache ich ein Praktikum und muss mich immer wieder vorstellen.
"Oh, du hattest Physik LK?! Waren da noch andere Mädchen?"
"Du willst echt was mit Physik machen? Als Frau??"
Ich bin weiblich, ja. Und ich identifiziere mich auch als weiblich. Aber das macht nichts an meinen Interessen und Fähigkeiten!!!
Ich muss mich immer dafür rechtfertigen, an Physik interessiert zu sein!
Ich hab so schon riesige Angst und Zweifel vor dem Studium, aber durch sowas wird es absolut nicht besser!

Wenn man gerade Abi gemacht hat, sind die Noten ein großes Thema und jeder fragt mal danach.
Ich muss mich dann immer dafür erklären, warum ich NUR Physik studieren will und nicht Medizin.
Nur weil mein Schnitt dafür ausreicht, interessiert es mich ja nicht. Jeder mit Abi kann Mathe studieren (weil das keinen nc hat) aber deswegen machen das doch trotzdem nicht alle!!

Ich möchte hier gar nichts erreichen, sondern wollte das nur mal loswerden, weil es mich gerade echt nervt, dass ich alles rechtfertigen muss, obwohl es manchmal bestimmt nur nett/interessiert gemeint ist.
Ich möchte auch niemanden beschuldigen oder was; ich gehe davon aus, dass ich echt nicht besser bin!
Trotzdem finde ichs nicht gut (versuche auch, an mir selbst zu arbeiten) und brauchte gerade mal ein Ventil
Oh the wind is gently blowing as the light begins to fade. I'm sick and tired of playin' it all, I'm sick of this parade.
15.07.2019, 21:16 Uhr | Thomas79
Guten Abend Melli!

Ich kann gut damit leben, unterschiedlicher Meinung zu sein, ich hoffe, du auch! Ansonsten finde ich, dass die Diskussion bisher sehr nah am Thema verlief. Wenn Alex andere Fragen hat, wird sie sie mit Sicherheit formulieren.

Einen Nachtrag erlaube ich mir noch, auch wenn du aus der Diskussion aussteigst: Abbrecherquoten sagen nichts oder nicht viel über Schwierigkeit und Komplexität aus. Mit Medizin und Physik haben wir zwei gute Beispiele: Nach den Quoten wäre Physik super schwer, Medizin ganz easy. Physik ist aber oft zulassungsfrei, Medizin hat meistens den höchsten NC von allen. Jemand, der einen Medizinstudienplatz bekommen hat, wird sich einen Abbruch also eventuell viel besser überlegen als jemand, der sich nur zum Work and Travel oder Kindergeldbezug in Physik eingeschrieben hat oder, was häufiger passiert, weil er seinen Wunschstudienplatz nicht bekommen hat. Außerdem wird in den MINT-Fächern traditionell zu Beginn stark gesiebt, aber wer das übersteht, schafft oft auch den Rest sehr gut.

Mir geht es auch keineswegs darum, Recht zu haben, das ist bereits Zuhause mein Job *wink*. Ich will euch Mut machen, euch nicht auf euer Geschlecht reduzieren zu lassen und mit ein wenig mehr Vorfreude und Selbstbewusstsein an den neuen Lebensabschnitt Studium heranzugehen. Das geht aber nicht, wenn man vorher bereits in Selbstzweifeln versinkt und glaubt, das wird alles furchtbar schwer. Wahrscheinlich fällt es euch leichter als gedacht, ihr interessiert euch doch nicht ohne Grund für das Fach! Und wenn nicht ist ein Fachwechsel kein Beinbruch und auch keine verschwendete Zeit.

Beste Grüße
Thomas
Zuletzt editiert am: 15.07.2019, 22:08 Uhr, von: Thomas79
15.07.2019, 21:04 Uhr | Melli2
Hallo Thomas,

ich lasse das jetzt größtenteils mal so stehen. Allerdings habe ich keine Ahnung, wo du die Zahlen her hast. Dementsprechend kann ich wenig beurteilen, ob sie stimmen.
Aus meiner persönlichen Erfahrung heraus kann ich sagen, dass es durchaus einige Frauen gibt, die ein Physikstudium in Erwägung ziehen oder es anfangen.

Generell möchte ich noch kurz dazu sagen, dass ich bereits von Physikdozenten erfahren habe, dass die Abbrecherquote aufgrund der Komplexität des Studiums durchaus sehr hoch ist. Es wurde eine Prozentzahl genannt, die ich leider nicht mehr weiß. Wobei das sicher auch nur ein geschätzter Mittelwert war.

Ich glaube, dass du mich falsch verstehst. Ich habe mit keinem Wort erwähnt, dass andere Studienfächer weniger schwierig oder gar leicht sind.
Ich habe mich auf die allgemeine Meinung, auf individuelle Meinungen und Reaktionen, die meinen Studienwunsch betreffen, bezogen.
Glaub mir, ich kenne genug Menschen, die ein mindestens genauso anspruchsvolles Studium anfangen.
Schlussendlich werden wir das alle selbst herausfinden.

Natürlich hat jedes Fach seine Schwierigkeiten, davon bin ich überzeugt.
Physik hat einfach weniger Freiheiten, als andere Studiengänge. Nicht als alle, aber als manche.
Ich nehme hier nur das Beispiel von Physik, weil es hier in diesem Thema gezielt darum geht.

Für meine Gedanken und Einschätzungen möchte ich mich hier nicht mehr rechtfertigen. Es geht für mich auch gar nicht darum, wer recht hat oder nicht. Ich schätze den Austausch und nehme deine Meinung zur Kenntnis, aber eine weitere Diskussion möchte ich an dieser Stelle nicht mehr führen. Ursprünglich ging es Alex hier vermutlich um etwas anderes.

Viele Grüße
Melli
Zuletzt editiert am: 15.07.2019, 21:05 Uhr, von: Melli2
15.07.2019, 18:09 Uhr | Thomas79
Guten Abend Melli!

Zur Männer und Frauenfrage hat Tante Google mir verraten, dass Louise mit den Schätzwerten weit unter der Realität lag. 2012 waren bereits 25% aller Physikstudierenden weiblich! Das sind nicht 50% und deshalb sind Frauen immer noch in der Minderheit, von einer Ausnahme oder Besonderheit, als Frau Physik zu studieren, kann man bei diesen Zahlen aber nicht mehr sprechen. Euer Geschlecht spielt dafür einfach keine Rolle, darum finde ich bei unangemessenen Kommentaren Louises Tipp mit den Zahlen zu kontern sehr gut! 

Dieses Ranking der Studienfächer nach Schwierigkeit, ich rate ehrlich davon ab, das zu machen oder so zu denken. Kommt erst einmal an der Hochschule an, lernt andere Studierende und viele verschiedene Fächer kennen, ohne Vorurteile, und beweist euch in eurem gewählten Studienfach. Wenn ihr euch darauf einlasst, werdet ihr erkennen, dass jedes Fach Stolpersteine und schwierige Prüfungen beinhaltet. Für die PsychologInnen ist das oft die Statistik, für die Wirtschaftswissenschaftler Makroökonomik, für die Juristen das hammerharte Staatsexamen, für die Sprachwissenschaftler Mittelhochdeutsch oder Altchinesisch etc. Wenn man im Studium merkt, dass einem das eigene Fach im Gesamten so schwer fällt, dass man es dann immer noch für das schwerste oder eines der schwersten hält, ist es meines Erachtens das falsche Fach für einen selber und man sollte besser wechseln.

Dass Mediziner viel lernen müssen, habe ich nicht bestritten. Die Prüfungsform entscheidet nicht über den Umfang, nur über die Art, wie man sich den Lernstoff eintrichtern und abspeichern muss. Sie haben aber auch von allen Studiengängen durch die längste Regelstudienzeit am meisten Zeit dafür *wink*.

Bei den Auswahlkriterien bin ich ganz bei dir. Die Frage, die sich stellt, ist aber: Was ist eine für alle sinnvolle, gerechte und bezahlbare Alternative zum NC und Wartesemestern? Einzelinterviews und Eignungstests mit allen Studieninteressierten sind es, wenn ich einen Blick in andere Länder werfe, bestimmt auch nicht.

Beste Grüße 
Thomas
15.07.2019, 17:16 Uhr | Melli2
Hallo Thomas,

natürlich sollte man Berufe nicht den Geschlechtern zu ordnen. Das ist gerade der Punkt, der mich besonders stört. A
ber: In der Gesellschaft ist diese Denkweise leider doch noch recht verbreitet. Deshalb soll sie auch hier zu Wort kommen.

Es ist richtig, dass der Schwierigkeitsgrad von Berufen u. Studiengänge individuell ist.
Auch hier ging es um die allgemeine Meinung und um Einschätzungen von Studenten. Ich sage auch nicht, dass Physik auf jeden Fall der allerschwerste Studiengang ist, aber ich denke dennoch, dass er zu den schwereren gehört.

In Medizin kenne ich mich nicht genug aus. Aber ich denke, dass es bei Weitem nicht nur auf gutes Auswendiglernen ankommt. Sicher gehört das auch dazu, aber bestimmt gibt es nicht "nur" Multiple-Choice-Fragen. Wobei die schwer genug sein können... Medizinstudenten lernen meines Erachtens unglaublich viel, was ja auch Sinn ergibt, wenn sie gute Ärzte werden sollen.

Schade finde ich bloß, dass es bei der Auswahl oft nur auf NC und einige ausgewählte Kriterien ankommt. Sie sagen so wenig über den Charakter (Freundlichkeit, Einfühlungsvermögen...) und die tatsächlich Leistungs- u. Lernfähigkeit oder den IQ eines Menschen aus.

Viele Grüße
Melli
14.07.2019, 11:32 Uhr | Thomas79
Guten Tag!

Ich halte es für einen grundlegenden Fehler und Irrtum, Studienfächer oder Berufe nach Männer und Frauenberufen zu sortieren oder, wie hier geschehen, nach Schwierigkeitsgrad zu kategorisieren. Ich hätte weder in Physik, noch in Medizin auch nur eine einzige Prüfung bestanden und das hat nichts damit zu tun, dass ich ein Mann bin oder diese Fächer allgemein besonders schwer sind. Jedem das, was ihm liegt. Mit der Einstellung, dass das eigene Fach grundsätzlich das schwerste ist, macht man sich an der Hochschule keine Freunde und man wirkt schnell arrogant, das gilt in besonderer Weise für Studienanfänger. Es kommt darauf an, was einem selbst leicht fällt und was nicht. Das Medizin-Studium besteht z. B. aus vielen Multiple-Choice Klausuren, da ist Auswendiglernen eine wichtige Fähigkeit. Das kann aber auch nicht jeder.

Beste Grüße
Thomas
13.07.2019, 21:17 Uhr | dagmita
Hi Alex!
Da brauchst Du ein dickes Fell.
Medizin ist ein Beruf bei dem man soziale Fähigkeiten braucht, haben sollte, darum auch für Frauen gut.
Physik ist reine Wissenschaft, also nur für Männer.
Lass Dich doch von so einem Schwachsinn nicht nerven!
Glückwunsch zum guten Abi und viel Spaß im Studium!
Frauen wie Dich brauchen wir!!!!
dagmita
10.07.2019, 21:00 Uhr | Louise-19
Hallo Alex,
googel mal nach finut Punkt net. Das ist ein Kongreß für sämtliche "Frauen in Naturwissenschaft und Technik", der jährlich zu Christi Himmelfahrt stattfindet.
Zweitens, finde die Zahlen heraus: Es klingt beeindruckend, wenn Du die Prozentzahl sagen kannst und zusätzlich die absolute Zahl:
" In Deutschland sind (Schätzwert:4) Prozent der Physikstudenten weiblich. Ich weiß, das klingt nicht viel, aber in absoluten Zahlen sind das (Schätzwert: 345 Tausend). Ab Oktober bin ich eine davon."
Wenn Du so einen Satz sagen kannst, beeindruckt das die Leute , und nimmt ihnen den Wind aus den Segeln.
Paß auf Dich auf; viel Erfolg!
Louise

ps: Übernimm auf keinen Fall die Schätzwerte!! Die sind völlig aus der Luft gegriffen! L.
Zuletzt editiert am: 10.07.2019, 21:04 Uhr, von: Louise-19
10.07.2019, 18:46 Uhr | Melli2
Hey Alex,

irgendwie hat mich das interessiert, was du gesagt hast.
Ich finde es schlimm, dass du das Gefühl hast, dich rechtfertigen zu müssen. Für die Träume und Wünsche die du hast und die keineswegs schlecht oder verschwendete Leistung sind. Wenn du Medizin nicht magst, machst du es nicht. Punkt.

Ich bin auch ein Mädchen und ich werde wahrscheinlich auch Physik studieren. Glücklicherweise habe ich noch nicht so viele negative Erfahrungen im Bezug auf Vorurteile wegen meinem Berufswunsch gemacht. Aber das Vorurteil, man sei doch "nur" ein Mädchen, kenne ich.
Was mich auch stört, dass manche Menschen sagen, dass Physik ein Studienfach sei, in dem man angeblich nur mit Bestleistungen aus der Schule ein Chance hätte.
Natürlich ist es einer der anspruchsvollsten Studiengänge, den es gibt. Man muss unglaublich viel lernen, auch Mathe wird sicherlich anspruchsvoll. Vielleicht sogar noch anspruchsvoller, als man zunächst denkt.

Aber: Schulleistungen sagen wenig darüber aus, welche Chance das Studium bietet, ob man ihm gewachsen ist... Noten haben schließlich nichts mit Intelligenz, Fleiß etc. zu tun. Obwohl das eigentlich jeder wissen sollte und angeblich auch tut, find ich es so traurig, dass man es immer wieder erwähnen muss.

Ich denke, es ist sehr wichtig zu wissen und anzuerkennen, wie wir in Deutschland leben dürfen. Dankbarkeit spielt da eine rießige Rolle.
Für mich persönlich ist es ebenfalls ein großes Anliegen gegen Vorurteile zu kämpfen. Und das kann man auch, indem man bestimmten allgemeinen Vorurteilen einfach keine Chance gibt. Man kann Menschen, die z.B. geflüchtet sind oder eine Behinderung haben oder einfach ander sind, zeigen, dass man die allgeminen Meinung nicht unterstützt (wenn es der Fall ist). Jeder von uns kann etwas verändern, vielleicht nur im Kleinen, aber auch das kann eine Bedeutung haben!
Aber es wird sie wohl immer geben. Denn jeder hat sie, kaum jemand ist ganz frei davon. Sie entstehen automatisch. Das Einzige, was man tun kann, ist in sich hineinzuhören und zu merken, dass das ein Vorurteil ist.

Bitte zweifel nicht an dir! Du schaffst das und bitte glaub an dich.
Kennst du den folgenden Spruch? "Man sollte niemals etwas aufgeben, an das man jeden Tag denken muss!"
Den find ich sehr gut, weil er zeigt, dass man bei seinen Träumen bleiben sollte. Wenn du es wirklich machen willst, dann bleib dabei.

Liebe Grüße
Melli

Treffer: 9

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