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20.07.2018, 16:23 Uhr | katieketzchen
Hallo zusammen,
heute möchte ich ein bisschen aus meinem Leben erzählen.
Mein Problem ist, dass ich das Gefühl habe, zu Hause (von meinen Eltern) nicht akzeptiert werde.
Seit ich fünf Jahre alt bin werde ich gerade von meiner Mutter immer wieder geschlagen und bekomme Beleidigungen zu hören, die niemand hören will und schon gar nicht von der eigenen Mutter.

Ich hab lange gebraucht um heraus zu finden, warum das alles passiert aber ich glaube inzwischen Blick ich da ungefähr durch.
Meine Eltern hätten gerne ein perfektes Leben für mich und davon haben sie schon eine genaue Vorstellung. Sie haben eine Art Backform für mich entwickelt, in die ich genau rein passen muss um ein, ihrer Meinung nach, gutes Leben zu führen. Und in diese Backform passe ich nicht rein und das in mehr als einer Beziehung. Was für meine Eltern da dazu gehört sind zum Beispiel perfekte Noten. Meine Noten sind eher so "okay". Ich bewege mich immer zwischen zwei und drei, doch ist lange nicht genug für sie. Wenn ich mit einem Test nach Hause komme, dessen Ergebnis nicht ihren Erwartungen entspricht, bekomme ich immer ein enttäuschtes Kopfschütteln, meine Mutter erzählt von ihren guten Noten und fragt, warum ich nicht auch solche Noten schreiben kann wie sie und mein Vater erzählt mir davon, dass er seine Mathe - Abschlussprüfung als Jahrgangsbester bestanden hat und ich dann ja bei solch einfachen Tests keine Probleme haben dürfte als seine Tochter. Außerdem bekomme ich ständig erzählt, dass sie nicht glauben, dass ich nächstes Jahr mein Abi schaffen werde, wenn ich weiterhin nur zweier und dreier schriebe.
Ein weiterer Teil, der dazu gehört ist ein perfektes Gewicht. Durch die eben schon erwähnten Schläge und Beleidigungen habe ich mit etwa neun Jahren angefangen aus Frust zu essen und als ich 12 oder 13 war habe ich mir dann immer wenn ich in der Stadt war und wusste, zu Hause lauert Streit oder es war sowieso schon Streit Süßkram gekauft, den ich dann wenn ich alleine war in mich reingestopft habe. Das mache ich bis heute und brachte mich natürlich dazu, zuzunehmen. Meine Mutter hat das dann irgendwann gemerkt und seitdem muss ich mindestens ein Mal die Woche unter Beobachtung meiner Eltern auf die Waage, meistens nach der Schule. Das Gewicht wird dann auf dem großen Wandkalender notiert, der sich im Büro meines Vaters hängt. Habe ich abgenommen, wird es meistens positiv aufgenommen, habe ich zugenommen oder ist mein Gewicht gleich geblieben, bin ich plötzlich das Allerletzte, es wird erst mal kein vernünftiges Wort mehr mit mir gesprochen und ich muss mir Dinge anhören wie dass ich ein fettes Schwein bin oder dass ich demnächst sowieso platzen werde.
Außerdem muss ich laut ihnen meine Tollpatschigkeit dringend ablegen. zu Hause geht die Welt unter wenn mir mal ein Glas Wasser umfällt. Meine Mutter fängt an, an ihrem Leben zu zweifeln und sich zu fragen, womit sie so eine Tochter wie mich verdient hat, was mich immer total einschüchtert und einer der Gründe dafür ist, dass auch mein Selbstvertrauen ziemlich leidet.
Des weiteren soll ich, genau wie sie, generell eine Abneigung gegen alles und jeden haben, gegen das sie eine Abneigung haben. Sprich alle Menschen, die nicht so sind wie sie wie Homosexuelle, Ausländer, Flüchtlinge, Obdachlose, HarzIV - Empfänger, jegliche Andersdenkende...). Diese Menschen nehme ich in Schutz wenn meine Eltern schlecht über sie reden, besonders deshalb, weil ich auch ein paar Freunde habe, so sind diese es dann besonders abbekommen. Daraus entwickelt sich dann meistens ein riesiger Streit, der darauf gründet, dass meine Eltern sagen, dass ich im Leben nicht weiterkomme, wenn ich Rücksicht auf solche Menschen nehme. Sie sollten sich eher uns anpassen. Homosexuelle sollten sich doch bitte wieder in das andere Geschlecht verlieben, HarzIV - Empfänger und Obdachlose sind einfach faul und sollen sich eine Arbeit suchen, Ausländer und Flüchtlinge doch bitte in ihr Land zurückkehren. Ist ja egal, dass sie dort möglicherweise umgebracht werden. Ich verstehe nicht, wie man so intolerant sein kann. Und geschluckt habe ich solche Kommentare halt viel zu lange. Nur wenn ich dann auf meine eigene Meinung bestehe und darauf, dass ich ein Recht auf meine eigene Meinung habe, meinen sie immer, dass ich natürlich eine eigene Meinung haben kann, aber dass diese bei uns zu Hause nicht zählt weil es eben nicht die Meinung meiner Eltern ist.

Dazu kommt noch, dass meine Eltern sich die größte Mühe geben, mich möglichst klein und abhängig von ihnen zu halten. zu Hause darf ich keine Aufgaben übernehmen, weil ich sie irgendwann in der Vergangenheit mal nicht so gemacht habe, wie sie es gerne gehabt hätten (einmal hab ich den Esstisch mit der linken Hand abgewischt, da habe ich Ärger bekommen, weil man das mit der rechten Hand machen muss und man mir ja nicht mal zutrauen kann, den Tisch ordentlich abzuwischen), wenn ich aus dem Urlaub oder von Sommerlagern zurückkomme, bei denen ich Betreuerin war und somit die ganze Woche selbstständig handeln musste komme ich heim und darf nicht mal meinen Koffer alleine auspacken weil ich das "noch nicht alleine kann". Außerdem bekomme ich kein Taschengeld und muss jeden Cent an Geld, dass ich für bestimmte Dinge zur Verfügung gestellt bekommen habe zurückgeben und wehe es fehlt irgendwas und seien es auch nur ein paar Cent. Auf mein Kommunionsgeld, das seit bald 10 Jahren auf meinem Konto liegt darf ich auch nicht zugreifen, weil ich ja mit Geld nicht umgehen kann. Dabei hatte ich nie die Chance, den Umgang mit Geld zu lernen. Und das alles nur, damit ich immer ein bisschen abhängig von ihnen bleiben werde.
Außerdem macht mich meine Mutter für alles, was in ihrem Leben schief läuft verantwortlich, vor allem für die Streitereien mit meinem Vater. Manchmal streiten sie sich auch wegen mir, aber selbst, wenn ich nichts dafür kann, bekomme ich die Schuld, sobald ich mit im Raum war. Sie schreibt mir dann immer WhatsApp Nachrichten, wie sehr sie mich und meinen Vater doch hasst und wie viel besser es ihr ginge, wenn wir einfach abhauen würden.

Die einzige Ablenkung, die ich davon habe, bietet für mich die katholische Jugendarbeit oder meinem Chor weil es dort einfach Leute gibt, die mir was zutrauen, die mich so nehmen wie ich bin und die mich für meine Eigenarten nicht verurteilen. Hier kann ich immer ein bisschen die Welt zu Hause vergessen weil ich hier auch mal zeigen kann, was ich kann oder mal Verantwortung übernehmen darf.
Es ist sehr schwer, dann wieder in meine Familie zurückzukehren, vor allem deshalb, weil meine Eltern auch dazu Meinungen und Kritikäußerungen haben. Meine Mutter war früher selbst in diesen Gruppen aktiv und wenn ich ihr dann mal sage, wie oder was ich entschieden oder für was ich abgestimmt habe, dann kritisiert sie das immer, weil sie ganz anders gehandelt hätte und nicht einsieht, dass ich aber eben nicht so wie sie handle weil sie meine Mutter ist, schließlich bin ich ja immer noch ein eigenständig denkender Mensch. Daraus ergeben sich dann auch oft Streitereien. Viele dieser Menschen dort sind mir sehr ans Herz gewachsen, ich habe viele gute Freunde dort gefunden. So ist die Chorleiterin des Chors, in dem ich schon bin, seit ich sieben Jahre alt bin fast so etwas wie eine zweite Mutter für mich geworden. Meine Mutter weiß das auch und hasst sie dafür, hat mir teilweise darum auch den Umgang mit ihr verboten.
Solche Dinge, die alles aber nur schlimmer machen.

Sooooooo, jetzt bin ich endlich fertig. Ich bin gespannt auf eure Meinungen dazu. Wer weiß, vielleicht reagiere ich ja auch nur über.

Ich danke euch jetzt schon für eure Antworten.
Katieketzchen
Zuletzt editiert am: 04.12.2018, 14:07 Uhr, von: bke-Nana
09.08.2018, 19:01 Uhr | bke-Stephan
Hi katieketzchen,

wenn Du studieren möchtest, sind Deine Eltern unterhaltspflichtig. Wenn sie dafür zu wenig Geld haben, könntest Du BaföG bekommen. Eine andere Möglichkeit ist: Kindergeld, + einen elterlichen Zuschuss, der vorher verhandelt werden müsste + Jobben gehen während des Studiums und vor allem während der Semesterferien.

Wenn Du eine Kollegin wirst dann nehme ich an, dass Du auch irgendwann jungen Menschen dazu rätst, zu erzählen. Und wirklich helfen kann natürlich nur die- und derjenige, die/der auch alles weiß. Wenn es mit der Chorleiterin nicht geht, gibt es ja auch Profis, mit denen Du reden kannst.

Viele Grüße,

bke-Stephan
09.08.2018, 17:58 Uhr | katieketzchen
Also erst mal Danke, dass ihr meinen Beitrag gelesen und kommentiert habt.

Ich hab im Prinzip denselben Ansatz wie bke-Nana. Rede mit jemanden in Echt. Zum Beispiel mit deiner Chorleiterin. Also mit jemanden vor Ort.

Also ich hab schon mal mit ihr darüber geredet, sie weiß da auch einiges aber ganz ehrlich kann ich zu ihr halt auch nicht sein, und ihr auch nicht alles erzählen, halt gerade weil meine Mutter auch gegen sie geht und sie solche Dinge dann vielleicht nicht so wirklich hören will.

Ich will mich aber auch nicht zu vielen Leuten anvertrauen weil ich da auch schon ein paar negative Erfahrungen gemacht habe, mit Leuten, die nachher einige der Dinge, die ich ihnen erzählt habe an meine Mutter im Streit weitererzählt haben.


Zu der Sache mit dem Studium:
Ich überlege Soziale Arbeit oder Praktische Theologie zu studieren oder ein FSJ zu machen. Dazu würde ich auch gerne ein bisschen weiter weg gehen eigentlich, was aber nach meinen Eltern nicht möglich ist, da sie mir das halt bezahlen müssen weil ich kaum eigenes Geld habe und sie mich da, denke ich auch ein bisschen zurückhalten wollen und bei sich behalten wollen.

Habt ihr da vielleicht Ideen, wie ich das angehen könnte, bzgl Finanzierungen oder ähnlichem? Oder gibt es da vielleicht Beratungsstellen?
23.07.2018, 13:45 Uhr | haendel
Hallo katieketzchen,
Erstmal: Super, dass du es geschafft hast diesen Beitrag zu schreiben. Ich kann verstehen, dass es nicht leicht war.
Ich muss sagen, dass es mich auch sehr fassungslos gemacht hat, was du geschrieben hast.

Ich hab im Prinzip denselben Ansatz wie bke-Nana. Rede mit jemanden in Echt. Zum Beispiel mit deiner Chorleiterin. Also mit jemanden vor Ort.

Ich finde, dass so lange DU dich wohlfühlst deine Eltern nicht das Recht haben so krass auf dein Gewicht zu achten (außer du bist stark unter-/übergewichtig). Aber wenn dein Gewicht normal ist, ist es vollkommen ok. Ich meine du bist alt genug.
Dein Abi besteht du mit dreien und zweien natürlich. Es wird vermutlich zwar kein Schnitt mit einer 1 vorm Komma werden, aber so lange DU zufrieden bist ist es kein Problem. Weißt du schon, was du studieren willst?
Ich hoffe das du verstehst was ich meine.

Mir ist wichtig dir zu sagen, dass es DEIN Leben ist und DU das Recht hast DEIN Leben zu führen. Dazu gehörtauch die eigene Meinung. Du musst nicht das Denken, was deine Eltern denken. Du kannst es natürlich. Du kannst komplett der gegenteiligen Meinung als deine Eltern sein.
Jedoch sind sie natürlich immernoch deine Eltern und für dich bis zum Erreichen der Volljährigkeit verantwortlich, aber meines Erachtens geht das in deinem Fall klar zu weit.

Du schaffst das. Ich wünsche dir ganz viel Glück.
Haendel
Das was dich nicht umbringt macht dich nur noch stärker!
20.07.2018, 21:44 Uhr | bke-Gregor
Hallo Katieketzchen,

ich habe eben Deinen Beitrag gelesen und ich bin beeindruckt!

Beeindruckt darüber, wie klar und analytisch Du Deine Eltern beschreiben kannst, wie klar Du ihre "Methoden" und Schwächen siehst und wie klar Du Dich in kleinen Schritten davon distanzieren kannst.

Und ich finde es beeindruckend, dass Du trotzdem und deshalb einen Kreis von Freunden gefunden hast, die Dir vieles von dem geben können, was Du bei Deinen Eltern vermisst.

Es gibt in der Psychologie den schönen Begriff der "Selbstbeelterung", d.h. irgendwann muss man beginnen sich selbst eine gute Mutter und ein guter Vater zu sein. Sprich man sollte nach und nach lernen sich selbst anzuerkennen, gut für sich zu sorgen und stolz auf sich zu sein. Es wäre natürlich schön, wenn das wenigstens zum Teil noch die eigenen Eltern übernehmen könnten solange man Jugendlicher ist, aber vielleicht ist es in Deinem Fall gut mal damit zu beginnen und darüber nachzudenken.

Viele Grüüße und ein schönes Wochenende

bke-Gregor *bye*
20.07.2018, 17:58 Uhr | bke-Nana
Hallo katieketzchen,

du hast deinen ersten Thread eröffnet im Jugendforum der bke - fühl dich herzlich aufgenommen in der Usergemeinde!

Du hast uns ja eine ganze Menge von deinem Leben erzählt und um deine Identität zu schützen, habe ich eine Kleinigkeit editiert.
Gleich dein erster Absatz, dass du geschlagen wirst, hat mich fassungslos gemacht. Das tut mir sehr leid, dass dir deine Eltern scheinbar so wenig Wärme und Mitgefühl entgegenbringen, dir so wenig zutrauen und noch dazu Gewalt antun.
Hast du denn mit einer Person deines Vertrauens, vielleicht der Chorleiterin, mal über deine schwierige Situation zu Hause gesprochen? Du brauchst unbedingt Unterstützung.
Gibt es in der Schule Vertrauenslehrer oder Schulpsychologen?

Ohne dich zu kennen, möchte ich dir sagen, dass du so wie du bist, genau richtig bist! Und ich hoffe, dass du diese Rückmeldung auch von vielen anderen Usern hier im Forum bekommst. Und um deine letzte Frage zu beantworten, nein, du reagierst nicht über. Es ist höchste Zeit zu handeln und dir Hilfe zu holen - wie du es mit deinem Posting in einem ersten Schritt umgesetzt hast! Toll, dass du so mutig warst!

Nun wünsche ich dir viele gute Beiträge hier im Forum und viel Rückhalt!
bke-Nana

Treffer: 6

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