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09.03.2017, 17:07 Uhr | LuciaSeneca
Zugegeben, diesen Titel gibt es schon... aber ich empfand ihn als sehr passend.

Vor einem Jahr habe ich mich entschieden, die 12. Klasse einer gymnasialen Oberstufe zu verlassen und ein Fernabitur aufzunehmen. Natürlich habe ich das nicht aus einer Laune heraus getan, es gab einige triftige Gründe dafür, warum ich die reguläre Schule so kurz vor dem Abitur nicht mehr besuchen konnte.

Nun sitze ich Tag täglich vor einem nicht kleiner werden wollenden Berg an Fernschulheften. Über all wo ich hingehe, begegnen mir die schönen Werbeplakate von ILS "Dein Weg zum Erfolg!"

Hm...um ehrlich zu sein, liegt die Abbruchsquote bei ganzen 90%. Die Durchfallquote in den Abiturprüfungen dann nochmal bei 30%.

Da ich alleine wohne und auch keinen Kontakt mehr zu meiner Familie habe, ist es in meinem Leben seither sehr still geworden.

Ich stehe auf, frühstücke, lerne. Zweifle. Ich gehe spazieren, komme an meinem alten Zuhause vorbei und kann nicht fassen, wie alles so weit kommen konnte. Das mein Leben einmal von so vielen Unsicherheiten bestimmt sein würde, so einsam sein würde.

Ich möchte zurückfinden in ein normales, geregeltes und soziales Leben, doch die Herausforderungen auf dem Weg dorthin erscheinen mir unüberwindbar groß.

Es ist ein täglicher Kampf gegen die Stille, die Resignation, das Alleinsein. Ein Kampf mit 144 Fernschulheften in 8 verschiedenen Fächern. Ich komme viel zu langsam voran.

Ob ausgerechnet ich das schaffen werde? Es bleibt nur ab zu warten und weiter die Stellung an der Schreibtisch-Front zu wahren.
10.04.2017, 16:32 Uhr | LuciaSeneca
"Die chemische Wirkung eines Stoffes ist seiner aktiven Masse (=Konzentration) proportional. Die Konzentration ist der Quotient aus Masse und Volumen."

Ich liebe diese naturwissenschaftlichen Definitionen! *wuuuaaahhhh*

Danke bke-Claudia! Schlafmittel sind wirklich keine gute Lösung. Der Hangover am nächsten morgen macht alles noch viel schlimmer. Die letzten Nächte habe ich ohne Medikamente geschlafen. Und dennoch finde ich keine wirkliche Ruhe. Ich kann einfach nicht abschalten.
07.04.2017, 21:23 Uhr | bke-Claudia
Hallo LuciaSeneca,
es fühlt sich nicht gut an, wenn man seine Eltern verklagt.
Selbst dann nicht, wenn einem das Geld zusteht. Doch sie könnten es ja auch von allein bezahlen.
Du bist da nicht schuldig, auch wenn es sich so anfühlt. Wieso sollte dir das Geld denn nicht zustehen?
Medikamente sind keine Dauerlösung, das weißt du ja selber.
Du bist eine Kämpferin, gib nicht auf, aber gönne dir immer mal eine Ruhepause, um Kraft zu sammeln.
bke-Claudia
07.04.2017, 21:16 Uhr | LuciaSeneca
Vielen lieben Dank für eure Antworten bke Andreas und Stillemaus!

Zurzeit läuft es gar nicht. Ich habe das Gefühl, immer mehr abzurutschen...

Vorgestern war ich bei einem Anwalt, um meine Eltern auf die Zahlung der Fernschulkosten zu verklagen. Meine Therapeutin hatte mir dazu geraten. Meine Chancen stehen wohl auch ganz gut im Falles eines Prozesses. Aber ich fühle mich einfach nur schlecht und schuldig und habe das Gefühl, dass dieses Geld mir nicht zusteht.

Meine Eltern attackieren mich nun von beiden Seiten und versuchen mich mit allen Mitteln von einer Klage abzubringen. Eigentlich habe ich keinen Kontakt mehr zu meiner Familie.

Ich halte das alles nicht mehr aus. Greife erstmals zu Medikamenten, um den Kopf auszuschalten. Ich weiß, dass das nicht gut ist. Aber es hilft und lässt mich das alles für ein paar Stunden vergessen- mein Versagen, die Zukunfts- und Existenzängste, die Sehnsucht nach meiner Familie, die Einsamkeit.

Ich habe nicht das Gefühl, dass meine Freunde meine Probleme noch verstehen könnten. Die feiern gerade, haben heute ihren letzten Schultag vor dem Abitur hinter sich gebracht. Herzlichen Glückwunsch!

Ich werde nie dort stehen.
Zuletzt editiert am: 04.12.2018, 14:07 Uhr, von: LuciaSeneca
29.03.2017, 21:36 Uhr | Stillemaus
Hallo,

Das hört sich alles sehr schwierig an und ich fühle mich auch oft zu schlecht, um zu lernen, aber ich habe eben noch Unterricht.

Macht es nicht Sinn, deinen Tag ähnlich wie einen Schultag zu gestalten? Mit festen Zeiten, vielleicht stellst du dir einen Wecker... Und festen Pausen in denen du das machst, was du brauchst (vielleicht/wahrscheinlich hast du dir diese Struktur schon erstellt)
Und wärest du in der Schule, würdest du an einem Tag zwar lernen, aber auch Hobbies nachgehen und Freubdschaften pflegen.
Kannst du dir nicht eine feste Uhrzeit setzen, bis wann du lernst und danach Zeit damit verbringen, vielleicht dich dazu zu zwingen, irgendwelche soziale Kontakte zu pflegen? Sei es ein Telefonat mit der Freundin, ein Treffen im Café, Quatschen mit Nachbarn (oder wie auch immer, bin da nicht sehr kreativ)... Jedenfalls so, dass du nicht so Einsam sein musst?

Das müsste doch irgendwie möglich sein?

Das war nur so ein Gedanke von mir.

Liebe Grüße
29.03.2017, 20:58 Uhr | bke-Andreas
Hallo LuciaSeneca,

ja, das ist ein Gegensatz zu deinem alten Leben, ein einsamer Weg zum Abi, wie du ja selbsst getitelt hast. Aber es ist auch ein Gegensatz zu dem Leben, das nach dem Abi kommt! Es wird noch ganz viel Soziales Leben danach geben! *smiling*
Und keine Sorge, in deinem Alter verlernt man Kommunikation und reden nicht mehr! ^^
Also, dafür brauchst keine Selbstgespräche führen. Aber in deiner Situation spricht auch nichts gegen gelegentliche Selbstgespräche. *smiling*

Was du in dem Beitrag davor über Latein erzählt hast, ist schon heftig! Da brauchts natürlich Plan und Disziplin. Und gerade deswegen solltest du meiner Meinung nach nicht viel Zeit und Energie auf Zweifel (ob die Entscheidung richtig war) und auf Rechtfertigungen verwenden. Du hast längst entschieden, und jetzt wird es durchgezogen. Du tust das was du kannst, möglichst überzeugt, und du genießt auch Pausen und Ablenkung.... du kämpfst, dann schreibst du die Prüfungen, und dann wirst du weiter sehen. Und dich hoffentlich über den tollen Erfolg freuen! *smiling*
Deinen Belohnungsplan finde ich übrigens super!

Ich drück dir die Daumen,
liebe Grüße,
Andreas
29.03.2017, 18:12 Uhr | LuciaSeneca
Zu traurig zum Lernen... *crying*
Tagesziel nicht erreicht.

Wie viele Sätze wechsle ich am Tag? Zwei, oder drei? Einen mit dem Postboten, einen mit der Nachbarin...

Ob ich Selbstgespräche führen sollte, dass meine Sprache nicht verkümmert?

Lieber Kopfhörer aufsetzen, weiter schweigen, die Stille mit Musik übertönen. Dann fällt die Stille, die Einsamkeit nicht so auf.

Was ist das für ein Gegensatz zu meinem alten Leben!!
21.03.2017, 17:52 Uhr | LuciaSeneca
Hallo bke-Claudia,

vielen Dank für Deine Tipps!

Ich habe es jetzt die letzten Tage so gemacht, dass ich morgens 1std. am Stück gelernt habe, dann eine kurze Pause gemacht habe und wieder eine Stunde gelernt habe- diesmal allerdings in 2 Mal 30 Minuten Einheiten aufgeteilt. So habe ich die ersten 2 Stunden effektives Lernen rum bekommen. Nach der ersten Stunde gibt es ein Stück Schokolade, nach der zweiten einen weiteren Kaffee. Ist diese Vormittags-Einheit beendet, mache ich den Haushalt oder gehe eine Runde spazieren.

Eigentlich müsste ich aber spätestens am Nachmittag noch Mal 2 Stunden lernen- was ich so gut wie nie schaffe. Ich bin nach nur 2 Stunden komplett erschöpft und bekomme trotz langer Pause nichts mehr in meinen Kopf rein.

Abends vor dem Schlafen gehen, nehme ich mir meist noch ein paar Vokabeln vor, das war es dann aber auch.

Mittlerweile habe ich mit dem Fach Latein begonnen und die erste Lektion abgeschlossen. Das Heft enthält 6 Lektionen und hat insgesamt etwa 70 Seiten. Dazu kommt ein Grammatikheft mit noch mal 80-90 Seiten. Beide müssen gelesen, verstanden und bearbeitet werden. Die Fernschule schreibt ein Heft in einer Woche vor. Wie soll das für dieses Fach bitte funktionieren? Allein das Heft mit den Lektionen 1-6 enthält ungefähr 250 Vokabeln und etliche für mich unbekannte Lerninhalte (!)

In Deutsch ist es nicht viel anders. Dort müssen für ein Heft gleich 3 Dramen gelesen werden...in einer Woche...

Mein Thema ist wahrscheinlich sehr speziell. Vermutlich wird hier niemand außer mir ein Fernabitur absolvieren. Ich würde mich trotzdem sehr über Lerntipps, oder Erfahrungen im Umgang mit Schule bzw. Lernen und Depressionen freuen.

Falls das hier irgendwann Mal jemand liest, der erwägt, selbst ein Fernabitur zu beginnen: Überleg es dir gut!

Mit Disziplin allein ist es nicht getan. Ausschlafen können, freie Zeiteinteilung, kein Lehrer, keine Klausuren, klingt im ersten Moment verlockend. Aber in Wahrheit ist das Fernabitur ein 24 Std. Job. Wenn man nicht gerade mit dem Lernen selbst beschäftig ist, dann macht man sich Gedanken, ob man das überhaupt je schaffen kann, hat ein schlechtes Gewissen, nicht genug gelernt zu haben, oder lässt es aus lauter Frust und Resignation ganz schleifen. Ganz zu schweigen von den nächtlichen Alpträumen, in denen man sich ahnungslos in den Abiturprüfungen irgendwo in Hamburg sitzen sieht, oder der Berg an unerledigten Heften immer größer wird und mich unter sich zu begraben droht. Dazu kommen Existenzängste und der permanente Rechtfertigungsdruck vor Außenstehenden: Ob das Fernabitur denn wirklich die richtige Entscheidung war, ich denn auch irgendwann einmal damit fertig sein werde, ob ich nicht doch lieber eine Ausbildung anfangen möchte...usw. Ich solle doch nicht immer so perfektionistisch sein! Oh, ich liebe Kritik an meinem Arbeitsstil!

Und dann steht auch schon wieder der Postbote mit freundlich lächelndem, leicht gestressten Gesichtsausdruck vor der Tür: Ein weiteres Paket von ILS! Ein neuer morgen, ein neuer Tag. Der Alptraum wird langsam wahr! *speechless*

Naja...bereuen tue ich es dennoch nicht...auch wenn sich das gerade anders lesen muss. Ich musste einfach Mal meinen Frust los werden. Und die Selbstzweifel.

LG Lucia *bye*
Zuletzt editiert am: 04.12.2018, 14:07 Uhr, von: LuciaSeneca
15.03.2017, 19:24 Uhr | bke-Claudia
Hallo LuciaSeneca,
du fragst, wie du trotz deiner Erkrankung besser lernen kannst.
Ich denke da immer zuerst an eine gute Einteilung von Lernen und Pausen.
Pausen mit frischer Luft, Pausen mit Essen und Trinken, Pausen mit Schlaf.
Vielleicht sind 45 min Einheiten für dich effektiv, vielleicht auch 90.
bke-Claudia
15.03.2017, 17:09 Uhr | LuciaSeneca
Gestern musste ich eine Zwangspause mit dem Lernen einlegen- mein Laptop hat nicht mehr funktioniert und der Online Campus war nicht mehr aufrufbar. Das ist ungefähr so, wie Stundenausfall in der Schule, nur nicht ganz so erfreulich.

Einer meiner virtuellen Mitschüler hat sich die Mühe gemacht und mir via WhatsApp geholfen, meinen Laptop wieder ans Laufen zu bringen. Nach 1 1/2 hat dann alles wieder funktioniert. Ganz so einsam muss das Fernabitur dann doch nicht sein...

Probleme bereitet mir vor allem meine permanente Erschöpfung. Meistens schaffe ich nicht mehr als 3 Std. lernen am Tag, dabei müsste ich viel schneller voran kommen.

Durch die Depression leidet meine Konzentrations- und Merkfähigkeit erheblich. Hat hier jemand vielleicht einen Tipp für mich, wie man mit dieser Krankheit besser lernen kann? *nothing*

Zurzeit habe ich 13 Prozent meines Fernabiturs abgeschlossen. Es liegt also noch eine ganze Menge vor mir. Dieses Jahr muss ich definitiv mehr schaffen.
10.03.2017, 16:27 Uhr | LuciaSeneca
Vielen Dank für Deine aufbauenden und motivierenden Worte, Bke Andreas! :)

Heute habe ich nur 1 1/2 Stunden lernen können. Aber es hat gereicht, mein Wochenziel habe ich erreicht. Morgen bearbeite ich dann die Einsendeaufgabe, die am Ende eines jeden Heftes steht.

Vorhin war ich Mountainbike fahren bei Sonnenschein, das tat sehr gut! *smiling*

Nächste Woche beginne ich mit meinem Lateinlehrgang. Das unliebsame Fach Spanisch habe ich abgewählt und die Unterlagen gestern in einem großen Paket zur Post gebracht. Jetzt hoffe ich, dass ich mit der Umwahl der Fremdsprache eine gute Entscheidung getroffen habe. Da ich nach dem Abi Medizin studieren möchte, ist Latein wahrscheinlich sinnvoller. Außerdem habe ich das Fach in meiner mündlichen Abiturprüfung und da ist es mir lieber, mich auf Deutsch unterhalten zu können.
09.03.2017, 17:25 Uhr | bke-Andreas
Hallo LuciaSeneca,

du lebst allein und du machst von zuhause aus Fernabi.
Ja, das hört sich schon nach eine ziemlich einsamen Geschichte, nach einem einsamen Kampf an.
Aber du weißt warum du dich zu diesem Weg entschieden hast und was du willst. Und ich finde es toll, dass du ihn jetzt gehst, mit viel Konsequenz und Selbstdisziplin, und natürlich auch mit Zweifeln zwischendurch, und Gefühlen von Einsamkeit.

Ich wünsche dir viel Kraft und natürlich einen richtig guten Erfolg für deinen "Kampf" mit der Stille und mit den vielen Heften! Und ich drücke dir alle Daumen und gebe dir meine besten Wünsche mit auf dem Weg. Daumen hoch
Völlig egal wieviel Prozent abgebrochen haben oder durchgefallen sind - du hast das Potential dazu, die Intelligenz, die Motivation, die Vernunft, und auch genügend Disziplin, dir traue ich das zu. (Ein paar Beiträge von dir gelesen, und der Fall ist klar *smiling* ).
Du schaffst das! Daumen hoch

Alles Gute dir,
Andreas

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