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09.12.2023, 20:36 Uhr | ollejolle
Hey Leute! Seit Anfang des Jahres bin ich regelmäßig bei einer Beratungsstelle und meine Beraterin hat mir diese Seite ans Herz gelegt.

Zum Hintergrund: Ich lebe mit meiner alkoholabhängigen Mutter zusammen. Mein Vater ist vor mehreren Jahren ausgezogen, ich habe aber keinen Kontakt mehr zu ihm, weil er in meiner Kindheit bis in meine Jugend sehr übergriffig mir gegenüber war. Also "bade" ich die Situation mit meiner Mutter alleine aus. Sie ist zudem schwer depressiv und lässt ihre Trauer oder ihre Wut entweder verbal an mir oder in Form von selbstverletzendem Verhalten an sich selber aus. Es kam auch vor, dass sie in meiner Gegenwart ihren Suizid androhte, zweimal hat sie es in meinem Beisein probiert. Die Situation belastet mich schon, seitdem ich erstmals von ihren Problemen mitbekam. Spätestens dieses Jahr - wenn nicht sogar vor ein paar Jahren - bin ich glaube ich selber in eine schwere Depression verfallen.

In den letzten Wochen bin ich in meinen Augen lebensunfähig geworden. Was ich damit meine ist, dass ich kaum noch die Kraft aufbringen kann, irgendetwas zu tun. Klar, ich schaffe es irgendwie, zur Arbeit zu gehen oder meine Beratungstermine wahrzunehmen, aber ich weiß nicht, wie lange ich es noch schaffe. An Tagen wo ich nicht unbedingt rausgehen muss, schaffe ich es noch nichtmal aufzustehen oder mich fertig zu machen. Ich vegetiere einfach nur in meinem Bett, ich esse kaum und weine viel. Ich habe oft Panikattacken, weil ich weiß, dass wenn ich aufstehe, ich mich selbst verletzen werde bzw. dass der Drang danach sehr groß ist. Genauso denke ich immer wieder über Suizid nach. Es erschreckt mich, wie plausibel mir diese Gedanken in der letzten Zeit erscheinen. Vor wenigen Monaten hatte ich solche Fantasien nie, ich bin damit total überfordert.

Ich fühle mich gerade mit dieser Situation sehr alleine. Ich konnte mich zwar neben meiner Beraterin noch einigen wenigen Personen aus meinem sozialen Umfeld anvertrauen, aber richtig verstehen tun sie mich nicht. Es wird mir immer gesagt, dass ich doch "ganz toll" zurechtkomme oder es doch "nicht ganz so schlimm" ist.
Auf der anderen Seite darf ich mir Zuhause richtig viele Vorwürfe anhören, dass ich unter anderem faul oder eine schlechtes Kind sei, dass nie mithilft oder so. Das bestärkt meine negativen Gedanken auch nochmal.
In beiden Fällen würde ich am liebsten anfangen zu weinen und zu schreien. Ich habe dann total oft das Bedürfnis, den Leuten klar zu machen, wie kurz ich davor bin, einfach alles in den Sand zu setzen und aufzugeben. Ich will ihnen zeigen, wie schlimm es wirklich um mich steht.

In der Beratung kamen wir gestern auf das Thema Tagesklinik zu sprechen. Meine Beraterin meinte, dass wir meinen Probleme im aktuellen Setting nicht gerecht werden können und ich deswegen nach medizinischer Unterstützung suchen sollte. Das hat mich ziemlich überfordert.
In den vergangenen Monaten habe ich mich ziemlich an die Beratung gewöhnt. Ich habe Angst, dass ich davon "abhängig" geworden bin, denn ich habe eine wahnsinnige Angst vor einem potenziellen Ende meiner Zeit mit meiner Beraterin. Ich weiß, dass sie mich unter den jetzigen Umständen - meinen Suizidgedanken und all den anderen Symptomen, die ich derzeit habe - nicht einfach "abschieben" würde, dennoch bleibt die Angst bestehen, auch wenn sie auf einer logischen Ebene irrational ist. Zurzeit nimmt die Beratung einen wesentlichen Teil in meinem Leben ein, der mich noch soeben über Wasser hält.
Ich musste meiner Beraterin gestern auch versprechen, dass ich es bis zu meinem nächsten Termin im Januar irgendwie aushalte, dass ich erscheinen werde und mir bis dahin nichts antun werde.
Ich habe aber riesige Angst vor der nächsten Zeit, in der ich keine Beratungsgespräche habe. Die Feiertage sind Zuhause in der Regel sehr konfliktbehaftet. Meine Mutter ist dann immer deprimiert und traurig und wütend. Und wenn dann etwas passieren sollte, wenn ich mich mit meiner Mutter streite oder sie wieder einen depressiven Schub hat, weiß ich nicht, wie diszipliniert ich darauf reagieren kann. Mir geht einfach langsam die Kraft aus...

Mir wurde angeboten, dass ich, wenn es mir schlecht geht oder etwas passiert ist, meiner Beraterin Mails schreiben kann. Ich weiß das sehr zu schätzen, denn ich bin jemand, der durch schreiben sehr viel Druck ablassen kann. Auch wenn ich weiß, dass sie um die Feiertage nicht antworten wird, hilft es mir oft schon, ihr von meiner Situation zu berichten. Ich habe zudem ein paar andere Strategien im Notfallplan festgehalten, die mir in einer Krise helfen sollten. Noch komme ich vielleicht mit Ach und Krach zurecht, mein Leben ist gerade allerdings eine Gratwanderung - eine unglückliche Situation und ich werde voll rausgerissen. Ich habe Angst davor, dass ich in der nächsten Zeit vielleicht doch die Kontrolle über mich verliere.
Ich weiß ja, dass ich viele Ressourcen mitbringe, aber es erscheint mir gerade alles so sinnlos und hoffnungslos. Ich bin fix und fertig mit meinen Nerven und habe einen permanenten Leidensdruck. Ich kann nicht ständig diesen Kampf gegen meine eigenen Gedanken führen - irgendwann ist auch für mich der Zeitpunkt gekommen, an dem ich nicht mehr kann.

Es tut mir leid, wenn der Beitrag etwas chaotisch ist. Ich habe eigentlich so viel zu schreiben, für den Anfang sollte dies jedoch reichen :)
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24.12.2023, 10:21 Uhr | bke-Claudia
Hallo ollejolle,
mein Weihnachtswunsch an dich, achte gut auf dich und deine Wünsche und Bedürfnisse. Deine Mutter ist eine erwachsene Frau mit einem heftigen Alkoholproblem und sie braucht professionelle Hilfe. Die Sucht deiner Mutter macht dich krank, es gibt längst eine heftige Co Abhängigkeit und es wäre gut, du suchst dir Hilfe, dass du da rauskommst.
Es ist nicht deine Aufgabe, deine Mutter zu retten. Sie muss es selber tun, da kommt sie nicht hin, wenn du immer da bist. Sie beschimpft und erniedrigt dich, statt dich zu ermuntern, deinen Weg zu suchen und zu gehen.
Deswegen wäre diese Tagesklinik eine gute Lösung, damit du mal bei dir ankommst und deine Mutter sich ihrem Problem stellt.
bke-Claudia
24.12.2023, 00:38 Uhr | ollejolle
Hey Leute!
Ich hoffe, dass es euch allen gut geht und ihr eine Weihnachtszeit habt, wie sie euch gut tut.

Ich hingegen muss mal kurz Dampf ablassen. Die Feiertage sind bei mir Zuhause immer recht abenteuerlich. Meine Mutter trinkt dann immer besonders viel - vermutlich weil sie selber keine Lust auf dieses ganze Familien-Zeugs und so hat. Dieses Jahr ist es zudem so, dass es mir wirklich unterirdisch geht, sprich: Ich habe Depressionen, SVV- und Suizidgedanken, ein ziemlich gestörtes Essverhalten - das volle Programm eben. Es kommt auch einfach alles zusammen im Moment. Meine Mutter legt sich jeden Abend aufs Neue mit mir an bzw. fängt an mich betrunken zu beschimpfen und das befeuert meine negativen Gedanken richtig. Damit ihr euch das etwas besser vorstellen könnt, hier meine Lieblings-Aussagen von ihr aus den letzten 24 Stunden (ich weiß, dass diese Aussagen an mich gerichtet und auch ernst gemeint waren):
- "Wärst du jemand, den ich daten würde, dann würde ich mir auch Zeit für dich nehmen. Ich habe ja aber auch noch einen Job und die restliche Familie - da kann und will ich mir keine Zeit für dich nehmen, wenn du ausgezogen bist."
- "Verpiss dich endlich, ich will dich hier nicht haben."
- "Mit dir macht das Leben keinen Spaß."
Zu sagen, dass ich gekränkt bin, wäre eine starke Untertreibung. Hinzu kommt, dass meine Mutter in dieser Zeit vermehrt Panikattacken und depressive Schübe hat, in denen sie versucht, mich als Therapeutin zu "benutzen". Natürlich behauptet sie im nüchternen Zustand, das alles niemals gesagt oder getan zu haben. Das belastet mich nochmal mehr und macht, dass mich echt allein gelassen fühle.

Ich habe jetzt noch etwas länger als zwei Wochen bis zu meinem nächsten Beratungstermin und weiß nicht, wie lange ich diese Situation hier noch aushalten kann.
Ich hatte eigentlich die Aufgabe von meiner Beraterin erhalten, mich in der Beratungspause schonmal an einen Hausarzt zu wenden, um bei einer Tagesklinik vorstellig zu werden. Ich habe es bis dato noch nichtmal geschafft, einen Termin zu vereinbaren. Ich hatte ihr vor ihrem Urlaub nochmal geschrieben, wie es mir geht und sie hat mich daraufhin "inständigst" gebeten, nächste Schritte einzuleiten, nur bekomme ich es gerade einfach nicht hin, diesen Schritt in Richtung Klinik zu gehen - es wird mir einfach zu viel. Ich weiß nicht, ob gerade das nicht vielleicht ein Grund wäre, das erst recht in Angriff zu nehmen, aber mich hindert es ungemein.
Ich bin irgendwie der Meinung, dass ich erst von Zuhause ausziehen sollte und mich dann um die Klinik kümmern sollte. Andersherum kann ich mir nicht vorstellen, dass es im aktuellen Setting funktionieren würde. Das Ding ist eben, dass meine Probleme ziemlich akut sind und ich die gerade voll mit mir selber ausmache.

Ich habe wirkliche Angst, meine Beraterin enttäuschen zu müssen, wenn ich ihr sage, dass ich meiner Aufgabe nicht nachgehen konnte - sie verlässt sich ja darauf, dass ich für mich sorge.

Mein Motto dieses Jahr lautet also irgendwie: Merry Crisis!
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10.12.2023, 15:04 Uhr | bke-Hana
Hallo ollejolle,

auch von mir ein herzliches Willkommen in unserem Jugendforum. Schön, dass du hier schreibst!

Du hast in deinem heutigen Beitrag geschrieben, dass du auf der einen Seite das Bedürfnis hast, dass dein Umfeld mitbekommt, wie schlecht es dir geht. Auf der anderen Seite aber genau das nicht offenbaren möchtest. So, wie du deine Situation beschrieben hast, kann ich beide Seiten gut nachvollziehen und stelle mir vor, was für dinen inneren Spagat, das vermutlich für dich bedeutet.

Wie ich gelesen habe, gestehst du dir selbst ein, dass du aufgrund deiner psychischen Belastung mehr Unterstützung bräuchtest, als eine ambulante Beratung sie dir bieten kann. Da sind dann aber eben auch die Einwände, die es dir schwer machen, den Weg in eine Tagesklinik zu gehen. In erster Linie, so habe ich dich verstanden, haben diese Einwände mit deiner Mutter zu tun, deren Reaktion auf Beratung und weitere Unterstützung deiner Erfahrung nach negativ ausfallen würde.

Du scheinst in deinem Leben gelernt zu haben, für deine alkoholkranke und depressive Mutter da zu sein und bist es gewohnt, deine eigenen Belange eher mit dir selbst auszumachen. Ich habe den Eindruck, dass sich eure Rollen da arg verkehrt haben und dir in deinem bisherigen Leben viel zu viel Verantwortung aufgebürdet wurde. Du selbst bist offenbar oft viel zu kurz gekommen. Für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene ist es erfahrungsgemäß eine sehr hohe Belastung, sich um einen kranken bzw. belasteten Elternteil kümmern zu müssen und sie bekommen oft Schuldgefühle, wenn sie auch mal auf sich selbst schauen. So scheint es auch dir zu gehen.

Ich finde es mutig von dir, dass du jetzt auch auf dich schaust, dich um dein Wohlergehen kümmerst und dir Menschen gesucht hast/suchst, die sich sich gemeinsam mit dir kümmern. Du gehst zur Beratung und "schielst" nun auf die Möglichkeit einer Tagesklinik; Respekt für diese Schritte! Na, und ein weiterer Schritt auf deinem Weg ist nun das Schreiben auf der Seite der bke-Jugendberatung. Damit holst du dir ja auch Unterstützer:innen an deine Seite und somit Stärkung für dich selbst.

Genau diese Stärkung wünsche ich dir und dass du deine eigenen Bedürfnisse, dass was du jetzt brauchst, ernst nehmen magst.

Viele Grüße
bke-Hana
10.12.2023, 12:06 Uhr | ollejolle
Danke Nana für Deine liebe Nachricht und die herzliche Begrüßung! Meine Beraterin hat mir ein wenig über Tageskliniken erzählt und wir haben auch zwei in meiner Nähe rausgesucht, die ich mir anschauen soll.

Ich möchte glaube ich nicht zugeben, dass ich eigentlich mehr Unterstützung bräuchte. Obwohl ich dieses Bedürfnis habe, den Menschen in meinem Umfeld zu zeigen, wie schlecht es mir geht (meistens wenn meine Situation runtergespielt wird), ist da noch ein Anteil, der den Schein wahren will - insbesondere mit Blick auf meine Mutter.
Es fällt mir allgemein sehr schwer, anderen von meiner Situation zu erzählen, aber es bereitet mir besondere Angst, meiner Mutter sagen zu müssen, dass es mir psychisch so schlecht geht. Es war immer so, dass ich mir ihre Probleme anhören sollte, ich hatte da selber nie den Raum zu und habe alles alleine mit mir ausgemacht. Bis dato weiß sie noch nichtmal, dass ich zur Beratungsstelle gehe - zum Einen weil ich mich vor ihr nicht verletzlich zeigen möchte und zum Anderen weil ich weiß, dass ihre Reaktion recht negativ ausfallen würde. Ich habe Angst, dass sie von mir Erklärungen einfordert oder erwartet, dass ich mich ihr gegenüber öffne, wenn ich ihr sage, dass eine teilstationäre Behandlung ansteht. Das kann und möchte ich nicht leisten und weiß, dass sie mir das wiederum ewig vorhalten wird. Egal was ich ihr gegenüber von mir preisgebe, es ist in 99% der Fälle so, dass sie es in Konfliktsituationen gegen mich verwendet und das kann ich nicht ertragen. Ich will ihr diese Angriffsfläche nicht bieten, weiß aber, dass ich es tun müsste, um an eine Klinik geraten zu können.

Zudem wüsste ich auch nicht, wie ich die Klinikzeit mit meinem Studium vereinbaren könnte. Ich plane zum April einen Uni- und Studiengangswechsel und habe Angst, dass mich das dann total rausreißt, aber das sind die kleineren Bedenken.
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09.12.2023, 23:31 Uhr | bke-Nana
Hey Ollejolle,

ein herzliches Willkommen für dich bei uns im Jugendforum. Ich bin bke-Nana, eine der Mods hier.

Das ist keine leichte Lebenssituation, die du uns von dir beschreibst. Da kann ich gut nachvollziehen, dass du dich nah am Limit bewegst, Ich denke, das du einen guten Tipp von deiner Beraterin bekommen, hier zu schreiben. Auch wenn nicht immer gleich eine Antwort aus dem Forum kommst, du wirst gelesen und bist ein Teil der Community. Bitte fühl dich akzeptiert und angenommen.

Du schreibst sehr offen, dass du es ihnen zeigen möchtest, wie schlimm es wirklich um dich steht. Wenn du damit sagen möchtest, dass du nicht mehr still ertragen möchtest, möchte ich dich gern darin bestärken, Unterstützung "laut" einzufordern. Den Mut, dich an eine Beratung zu wenden, hattest du bereits, meinen Respekt. Darf ich fragen, was dich an der "Tagesklinik" so schreckt? Hat dir deine Beraterin ein wenig drüber erzählt?

Schreib uns hier, wann immer du magst. Du bist nicht allein, bist jetzt eine von uns.
Schlaf schön.
bke-Nana

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